Therapeutische Wohngruppe „Cramergasse“
1. Weiterführende Hilfen
Die Therapeutische Wohngruppe stellt ein wichtiges Bindeglied im Hilfesystem für junge Menschen mit psychischen Erkrankungen oder seelischer Behinderung dar.
Es werden acht Jungen und Mädchen aufgenommen, für die das Leben in der Therapeutischen Wohngruppe keine Überforderung bedeutet. Ihre Schul-bzw. Arbeitsfähigkeit muss gegeben sein oder in absehbarer Zeit erreicht werden können.
Das Leben in der Therapeutischen Wohngruppe orientiert sich dabei an der Lebenswelt Gleichaltriger. Zur Ausbildung, Beschäftigung, Beratung und Behandlung nutzen unsere Betreuten extern die Angebote öffentlicher Schulen und der Bildungsträger, von Ärzten, Therapeuten, der Arbeitstherapie, der Vereine u.s.w.
2. Selbständigkeit und Eigenverantwortung
Die sozialpädagogisch-therapeutischen Angebote in der Therapeutischen Wohngruppe bieten den jungen Menschen auf vielfältige Weise die Chance, mit ihren Erkrankungen leben zu lernen und Eigenverantwortung zu übernehmen. Die Jugendlichen können hier ihre Stärken erkennen und lernen ihre Ressourcen zu nutzen, um vorhandene Beeinträchtigungen zu überwinden. Lebenspraktische Fähigkeiten werden eingeübt, soziale Kompetenzen entwickelt und eigene Interessen werden entdeckt und gefördert.
Ebenso wird das Finden von Schul- und Ausbildungsperspektiven unterstützt. In individuellen Betreuungsplänen werden die Ziele beschrieben und die Fertigkeiten im Gruppenalltag eingeübt, die zur Erreichung dieser Ziele nötig sind.
Unser Ziel ist die Entwicklung einer größtmöglichen Selbständigkeit, die sich aber immer an den Möglichkeiten des Einzelnen orientiert.
3. Verstehende und ganzheitliche Sichtweise
Unsere gesamte Arbeit mit den Jugendlichen ist geprägt von einer wertschätzenden, akzeptierenden Grundhaltung. Wir sehen die Betreuten immer im Kontext ihres Familiensystems. Daher sind die Angehörigen ein fester Bestandteil der gesamten Betreuung.
Wir begleiten die jungen Menschen und versuchen Brücken zu bauen zwischen den Anforderungen der gesellschaftlichen Realitäten und den Möglichkeiten der einzelnen Jugendlichen.
4. Das Leben in der Gruppe
Ein kleines, überschaubares Haus bietet auf drei Stockwerken Platz für die Zimmer der Jugendlichen und die verschiedenen Gemeinschaftsräume. Ein kleiner Garten ergänzt das gemütlich eingerichtete Haus.
Das Leben der Betreuten wird im Alltag durch Aufgaben und Anforderungen strukturiert. Sinnvolle Pausen und Ruhezeiten schützen vor Überforderung.
Die Freizeit läßt Raum für altersgemäße Beschäftigung und Interessen, den Kontakt zu Freunden und den Familien.
Themen zentrierte, interaktive und psychoedukative Gruppenangebote während der Schulzeit sowie erlebnisorientierte Freizeitunternehmungen in den Ferien erweitern die soziale Kompetenz, verbessern die Kommunikationsfähigkeit und dienen der Verbesserung und Stabilisierung der psychischen Befindlichkeit. Sport- und Bewegungsangebote in der Gruppe oder mit Einzelnen fördern das Wohlfühlen im eigenen Körper.
Die Betreuten der Therapeutischen Wohngruppe haben somit die Chance, auf unterschiedlichen Ebenen mit vielfältigen pädagogischen und therapeutischen Ansätzen ihre Konflikte zu bearbeiten, eigene Ressourcen zu stärken und die eigene Mündigkeit frei zu setzen. Am Ende dieser Seite kann man eine Zusammenfassung herunterladen, die aufzeigt, wie und mit welchen Mitteln die Jugendlichen Ihr Leben in der Gruppe mitgestalten können (Partizipation in der TWG).
Ein freundliches, lebendiges, angstfreies Klima im Haus zu schaffen, das zu neuem Lernen ermutigt und den Aufenthalt zur zeitweiligen Heimat macht, ist das stetige Anliegen des pädagogischen Teams.
5. Das Team
Sechs pädagogische MitarbeiterInnen, ergänzt durch einen therapeutischen Fachdienst und unterstützt durch eine lebenspraktisch-hauswirtschaftliche Anleiterin, betreuen acht junge Menschen an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr.
Fortbildung, Supervision und die Beratung durch externe Fachleute sichern die Qualität der Arbeit.
Niedergeschriebene Standards, die in regelmäßigen Abständen überprüft und aktualisiert werden, helfen weitgehend einen einheitlichen Stil und somit Einschätzbarkeit und Verlässlichkeit, trotz Schichtdiensten, für die Betreuten herzustellen.
Die ausführliche Konzeption der Therapeutischen Wohngruppe, die Aufnahmemodalitäten sowie unsere Außendarstellung finden Sie am Ende der Seite.
Hier möchten wir uns ausdrücklich für die Unterstützung des Aktionskreises Hilfe für psychisch kranke Kinder und Jugendliche e.V. bedanken.
Downloads
Eine therapeutische Wohngruppe (TWG) ist ein stationäres Betreuungsangebot für Jugendliche mit bestehender oder drohender psychischer Beeinträchtigung. Besonders zeichnet sich eine TWG durch ihre engmaschige Betreuung mit festen Bezugspersonen aus. Dabei wird innerhalb fester Tagesstrukturen und Angeboten an individuellen Zielen im alltagspraktischen, aber auch persönlichen Bereich gearbeitet. Außerdem werden individuelle therapeutische und pädagogische Inhalte in die Arbeit eingebracht.
In der TWG arbeiten wir anhand der „5 Säulen“ mit den Jugendlichen zusammen. Dabei beschreiben diese Säulen jeweils einen Lebensbereich, der bearbeitet wird:
– Die Aufnahme und Gestaltung persönlicher, sozialer Beziehungen
– Die Selbstversorgung und das Wohnen
– Das Finden einer schulische bzw. beruflichen Perspektive
– Die Tages- bzw. Freizeitgestaltung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben
– Der Umgang mit der psychischen Erkrankung
Die Jugendlichen durchlaufen bei uns mehrere Phasen:
Phase 1: Eingewöhnung
Phase 2: Stabilisierung
Phase 3: Orientierung
Phase 4: Ablösung
Um ganzheitlich und engmaschig an diesen Bereichen arbeiten zu können ist die TWG 24/7 das ganze Jahr über betreut und tagsüber sowie nachts eine Bezugsperson verfügbar. Zudem haben wir feste Tagesstrukturen an den Wochentagen und Wochenende, um kontinuierlich daran zu arbeiten wieder/ganz neu in einen funktionierenden Tagesablauf zu kommen.
Die Struktur/ die Regeln sind für alle Bewohner*innen gültig. Natürlich gibt es auch individuelle Gestaltungsmöglichkeiten. Es soll dabei nicht darum gehen den Bewohner*innen alles streng genau vorzugeben. Vielmehr soll die Struktur ein Rahmen sein in welchem gelernt werden kann was es heißt einem geregelten Alltag nachzugehen.
So sollen Verpflichtungen, Termine und Aufgaben Platz finden aber auch bewusst Zeiten für Hobbys, Selbstfürsorge oder soziale Kontakte geschaffen werden.
Außerdem gibt es die Möglichkeit auf Beurlaubung zu gehen und z.B. ein Wochenende zuhause zu verbringen. Auch längere Urlaube sind in Form von Urlaubstagen möglich.
Die Jugendlichen lernen also praktisch wie ein selbstständiger, geregelter Alltag für die persönlich aussehen und funktionieren kann.
Am Anfang von jeder Woche wird von unserer Hauswirtschaftskraft gemeinsam mit den Jugendlichen für die ganze Woche eingekauft. Dabei wird alles für den täglichen Bedarf, für das Frühstück, das Mittagessen aber auch für die Gerichte fürs Abendessen eingekauft.
Jede*r Bewohner*In kocht einmal die Woche. Hierfür wird ein Rezept ausgesucht und die Lebensmittel dafür eingekauft.
Natürlich können auch Wünsche auf die Einkaufsliste geschrieben werden. Auch auf Ernährungsstile und Unverträglichkeiten wird geachtet.
Hier seht ihr die gemeinschaftliche Küche unsere Wohngruppe. Sie wird von allen Bewohner*innen benutzt und steht jederzeit frei zur Verfügung.
Dank unsere tollen Hauswirtschafts-Expertin läuft es hier auch immer top! Außerdem kauft diese einmal die Woche groß alle Lebensmittel usw. für die ganze Woche ein.
Jede*r Jugendliche kocht hier einmal die Woche mit Unterstützung für die ganze Gruppe. Dazu gehört das Zubereiten des Essens und das Aufräumen der Küche.
Wer gerne kocht, backt oder sich sonst gerne in der Küche und mit Lebensmitteln beschäftigt, kann das hier jederzeit machen.
In der Wohngruppe essen wir zweimal am Tag alle zusammen. Das heißt alle Bewohner*innen und Betreuenden treffen sich zu einem festen Zeitpunkt.
Außerhalb der Schulferien frühstückt jede*r individuell für sich, da nicht alle zur selben Zeit los zu ihrer Tagesbeschäftigung müssen. In den Ferien oder am Wochenende (um 11 Uhr) frühstücken wir jeden Morgen gemeinsam. Außer jemand geht einer Ausbildung/Job/Praktikum oder ähnlichem nach.
Das Mittagessen startet um 14 Uhr und wird von allen Bewohner*innen gemeinsam vorbereitet.
Das Abendessen gibt es um 18 Uhr und wird immer von einer*m Jugendlichen mit Unterstützung für die ganze Gruppe vorbereitet.
Insiderwissen: wir haben den Deal, dass wir bei jeder Mahlzeit mindestens 30 Minuten zusammen sitzen
Da das Erlernen alltagspraktischer Fähigkeiten zu unserem Konzept gehört haben die Bewohner*innen auch Verantwortung für ihren täglichen Lebensraum: die Wohngruppe.
In der TWG gibt es keine Reinigungskraft. Alle Bewohner*innen sowie Mitarbeitenden sind gemeinsam verantwortlich die WG ordentlich zu halten.
Jede*r Jugendliche hat wöchentlich bestimmte Putzdienste, welche erledigt werden müssen (Gruppenräume). Auch das eigene Zimmer wird wöchentlich aufgeräumt und sauber gemacht, wobei hier die Jugendliche zum größten Teil selbst verantwortlich sind wie genau sie es mit dem „Putzen“ nehmen
Der Küchenputz wird nach dem Kochen am Abend erledigt und es geht dabei vor allem darum die Küche so zu hinterlassen wie sie vor dem Kochen ausgehen hat
Alle Dienste lassen sich häufig richtig schnell erledigen, da jede Woche geputzt 2x (Mittwoch und Sonntag) wird und so nie großer Dreck anfällt
Ja eine ambulante Therapie gehört mit zu unserem Konzept. Es gibt für einige Jugendliche die Möglichkeit bei unserem therapeutischen Fachdienst eine Therapie zu beginnen oder auch eine Therapie extern zu verfolgen.
Wir schließen vorrangige Essstörungen aus. Die Erfahrung hat gezeigt, dass wir den benötigten therapeutischen Aufwand bei Essstörungen nicht leisten können. Ebenso fremdschädigendes Verhalten, da unsere Wohngruppe ein sicherer Ort für Alle darstellen soll.
Nein, nicht direkt. Jugendliche die nicht in die Schule/Ausbildung/ Arbeit sind bei uns im BOAP (berufliche Orientierung,- und Aktivierungsphase) und haben drei Monate Zeit an einer konkreten beruflichen Perspektive zu arbeiten. Z.B. ein Praktikum zu organisieren, nach Ausbildungen zu recherchieren o.ä.
In der Regel wird der Aufenthalt vom zuständigen Jugendamt finanziert. In den seltensten Fällen betrifft es auch den Bezirk (z.B. Mittelfranken).
Wir benötigen eine offizielle Anfrage über das zuständige Jugendamt. Dieses sendet uns dann notwendige Unterlagen zu, damit wir uns ein Bild machen können. Eine IFHB (s. unten) ist immer möglich. Falls sich der Platz konkretisiert, erfolgt nach der IFHB ein sog. Bewerber*innen Interview. Eine Fachkraft unterhält sich mit dem jungen Menschen und eine andere mit den Eltern/ dem Jugendamt o.ä.
Wir sind keine Langzeiteinrichtung, d.h. der Aufenthalt in der TWG umfasst in der Regel ca. 1,5 bis 2,5 Jahren. Das wird immer individuell besprochen und hängt z.B. auch vom Alter ab.
Ja, wir bieten sogenannte IFHB’s an (informelle Hausbesichtigungen). Diese müssen allerdings mit einer Fachkraft vereinbart werden. Nützlich ist hierbei auch, wenn Eltern, Jugendamt o.ä. dabei sind.
Mit dem Betreuerteam können/ sollten sämtliche Thematiken besprochen werden. Alltagsgestaltung- und Strukturierung, Beziehungsgestaltung, Organisatorisches und auch in Ansätzen therapeutische Themen à welche dann aber tiefergehend in die Therapie verlagert werden. Wir arbeiten mit dem Bezugsbetreuer*innensystem d.h. jede*r Jugendliche hat ein*e Bezugsbetreuer*in mit denen er wöchentlich eine Einzelstunde hat, um seine individuellen Themen mit Unterstützung anzugehen.
Ein Klinikaufenthalt ist in der Regel während der Zeit in der TWG möglich. Wir bzw. Therapeut*innen o.ä. sollten ebenso Bedarf sehen. Dann wird die Thematik mit dem Jugendamt abgestimmt, da der Platz bei uns in der Klinikzeit freigehalten werden kann.
Alkoholkonsum ist in der Wohngruppe verboten. Angemessener Alkoholkonsum außerhalb des Geländes kann nicht kontrolliert werden und wird insofern toleriert, wenn er in unseren Augen angemessen geschieht. Es folgt also nicht sofort ein Rausschmiss, wenn jemand an oder betrunken in die Wohngruppe zurückkehrt. Allerdings wird das immer individuell betrachtet und besprochen.
Rauchen ist für alle Jugendlichen ab 18 Jahren im Garten der TWG erlaubt. U18-Jährige dürfen nicht auf dem Gelände rauchen.